Fritz erwähnte, dass die Band Schwierigkeiten hatte, einen passenden Berater zu finden. John konnte das gut nachvollziehen – auch er hatte selbst nach geeigneten Beratern gesucht. Viele haben ihn mitgeteilt, dass er die Staatsanwaltschft einschalten sollte. Dennoch war es ihm gelungen, zwei erfahrene Mediatoren zu finden, die sich bereit erklärten, die Mediation zu übernehmen. Beide stellten sich mit ihren Qualifikationen und Weiterbildungen vor, was sich natürlich auch in ihren Honoraren widerspiegelte und sie waren Unabhängig.

Doch die Band entschied sich anders. Wie John herausfand, stellte Iris einen Kontakt zu einem feministischen Frauenkollektiv, das der radikalen und undogmatischen antifaschistischen Gruppe der Stadt angehörte her. Die Gruppe bezeichnete sich selbst als „radikal und undogmatisch“.

Diese Frauen – Bekannte von Iris – behaupteten, dass jede von ihnen in der Vergangenheit auf unterschiedliche Weise Opfer von „männlicher Gewalt“ geworden sei. Sie kommunizierten über einen anonymisierenden E-Mail Server und nahmen für ihre „Beratung“ mutmaßlich kein Geld. Sie erklärten, ein Kollektiv gegründet zu haben, das sich speziell damit beschäftige, wie mit „gewaltausübenden Personen“ angemessen umgegangen werden solle.

John legte Protest gegen diese Wahl ein. Doch Fritz erklärte ihm, dass es allein die Entscheidung der Band sei, durch wen sie sich beraten lassen wolle. Auch Johns Bitte um ein persönliches Gespräch mit diesen Beraterinnen wurde abgelehnt.

Zunehmend übernahm die Band die Rhetorik und die Sprache dieser Gruppe. Olivia schrieb John am 11.09.2021:

Hallo John!

Im Moment liegt unser Fokus nicht auf einer Vermittlung zwischen dir und Iris. Wir sehen, wie sehr du dich um eine Verständigung bemühst. Und du hast auch recht mit deiner Einschätzung, dass wir dich in dieser Hinsicht eher bremsen möchten.

Das Kollektiv verfolgt grundsätzlich einen betroffenen-zentrierten Ansatz: Was sind die aktuellen Bedürfnisse der Betroffenen? Wenn eines unserer Mitglieder eine Form seelischer oder physischer Gewalt erfährt, dann nehmen wir sie ernst und stärken ihr den Rücken. Wir fragen nicht nach einer detaillierten Schilderung der Vorkommnisse (auch, um eine Re-Traumatisierung zu vermeiden). Das betroffene Bandmitglied definiert selbst, wo ihre Grenzen überschritten wurden.

Wir haben es dir in der Vergangenheit bereits gesagt, aber ich möchte dir noch einmal die Sicherheit geben, dass das immer noch gilt: Wir glauben dir, dass du zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt hast, Iris zu verletzen.

Dass du im Moment nicht zu den Proben kommen kannst, ist keine Bestrafung, sondern eine Schutzmaßnahme für Iris – denn sie ist es, die es aktuell nicht ertragen könnte.

VG Olivia
– Darstellung, Signal-Nachricht von Olivia vom 11.09.2021, 22:15 Uhr

John wusste nach dieser Nachricht bereits, dass es keinen Weg zurück mehr geben würde. Die Band interessierte sich nicht für die Wahrheit – sie suchte nach einer Rechtfertigung.

Das einzige tatsächliche Opfer war bis zu diesem Zeitpunkt John. Ihm wurden haltlose Vorwürfe gemacht und ausgeschlossen, während das falsche Opfer – die eigentliche Täterin – selbst die Grenzen definierte. Sie schützte sich vor Nachfragen indem sie die Gefahr einer Re-Traumatisierung vortäuschte. Und sie hatte sich zu keinem Zeitpunkt konstruktiv an einer Lösung des Konflikts beteiligt. Da die Band auch keinerlei Vermittlung mehr anstrebte, blieb nur noch die Konsequenz: Johns endgültiger Ausschluss.

Doch wie sollte die Band-Leitung diesen Ausschluss begründen? Das Frauenkollektiv lieferte die passende Rhetorik gleich mit.

Dabei war es John, der in Wahrheit Schutz gebraucht hätte. Er hatte diesen Menschen vertraut. Er hatte an ihre öffentlichen Bekenntnisse geglaubt – dass sie weltoffen, tolerant und fair seien.

Nein! Er hatte sich geirrt.