John und seine Ehefrau Mia teilten sich die Abholungen von Sophia. Am 22. März holte John seine Tochter erneut von der Probe von Dor & Verso ab. Die Band hatte gerade Pause, die Tür des Proberaums stand offen. Er machte sich bemerkbar und wartete wieder draußen. Diesmal kam Amelia zu ihm, und sie führten ein freundliches Gespräch.
Fritz bemerkte Johns Anwesenheit, sagte kein Wort und schloss die Tür des Proberaums. Keine Minute später kam Benjamin heraus und teilte Amelia mit, sie werde drinnen erwartet, da die Probe fortgesetzt werden sollte.
Dass einzelne Personen auf diese Weise gerufen wurden, hatte John während seiner Zeit in der Band nie erlebt. Eine solche Aufforderung ist unnötig – schließlich sind die Trommeln laut genug, um selbst draußen gehört zu werden. Nun stand John allein im dunklen Flur vor einer geschlossenen Tür und wartete auf Sophia. Als sie einge Augenblicke später herauskam, gingen sie gemeinsam zum Auto, wo sie sich noch ein paar Minuten unterhielten. Während dieser ganzen Zeit blieb es im Proberaum von Dor & Verso still.
John konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Benjamin bewusst geschickt worden war, um sein Gespräch mit Amelia zu unterbrechen.
Einige Monate später wird Amelia vor dem Amtsgericht aussagen, dass John stets aggressiv und dominant aufgetreten sei – insbesondere auch beim Abholen seiner Tochter. Dabei wird sie unerwähnt lassen, dass sie selbst eine solche Abholung miterlebt hat, die sehr friedlich verlaufen war.
In der folgenden Woche war Mia dran. Mia und Sophia berichteten, dass Sophia nach der Probe allein unten vor dem Gebäude gewartet habe, als ihre Mutter ankam. Während der Pause sei Sophia zunächst mit jemandem zusammen hinausgebeten worden, um vor dem Gebäude zu warten. Doch als die Probe wieder begann, habe man sie allein zurückgelassen.
Der Proberaum von Dor & Verso liegt in einem abgelegenen Industriegebiet, auf einem alten, heruntergekommenen Gelände. In den Kellern vermehren sich Ratten unkontrolliert, nachts laufen sie in Dutzenden über das Gelände auf der Suche nach Nahrung.
An genau diesem Ort stand die elfjährige Sophia nun allein und wartete auf ihre Mutter. Und all das nur wegen Iris’ tief sitzender Abneigung gegen John. Nun wurde nicht nur John ausgegrenzt, sondern auch seine Tochter in diese Feindseligkeiten hineingezogen. Ein aufgeschlossenes Mädchen, das die Musik liebt, wurde zum Opfer eines Konflikts, dem die Bandleitung nichts anderes als diese Ausgrenzungen entgegenzusetzen hatte.